Studentenverbindungen oder Korporationen sind im 19. Jahrhundert entstandene konservative akademische Vereinigungen, die in der übergroßen Mehrheit Männerbünde sind, also Frauen von einer Mitgliedschaft ausschließen. Lange waren die Mehrheit der Studenten in Deutschland in Studentenverbindungen organisiert. Heute stellen sie ein kleines Milieu konservativer Akademiker dar, denen 1-2% aller männlichen Studenten angehören. Organisiert sind die bis zu 1.000 Verbindungen im deutschsprachigen Raum in etwa 25 Dachverbänden. Nicht alle Studentenverbindungen sind Burschenschaften. Diese machen etwa 15-20% aller Verbindungen aus und sind im politischen Spektrum häufig am rechten Rand anzusiedeln.

Laut Facebook-Eintrag der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth ist die Freiburger Burschenschaft Saxo-Silesia die nächste vorsitzende Burschenschaft des extrem rechten Dachverbands „Deutsche Burschenschaft“ (DB). Nach mehreren Skandalen haben seit 2012 dutzende Mitgliedsbünde die DB verlassen. Viele dabei haben sich dem neugegründeten Dachverband „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ (ADB) angeschlossen, der ebenfalls deutschnational ausgerichtet ist und eine Nähe zur AfD aufweist, aber pragmatischer als die DB agiert.

Derzeit sind lediglich nur noch drei Burschenschaften in Baden-Württemberg Mitglied der DB: Die Burschenschaft Normannia Heidelberg, die Karlsruher Burschenschaft Tuiskonia und die Freiburger Burschenschaft Saxo-Silesia.

Ursprünglich wurde die Saxo-Silesia auch dem pragmatischen Flügel der DB zugerechnet und war auch in der reform-orientierten „Initiative Burschenschaftliche Zukunft“ (IBZ) organisiert, aus der die ADB hervorging. Als letzten Versuch der Pragmatiker innerhalb der DB initiierte die Saxonia 2013 auch das „Fuldaer Forum“ mit.

Doch spätestens seit 2014 sammelte sich in der Aktivitas (studierende Mitglieder) der Saxonia extrem rechtes Personal und wird von der so genannten „Altherrenschaft“ (Mitglieder im Lebensbund nach dem Studium) geduldet. Im Jahr 2012 umfasste die Saxo-Silesia insgesamt 15 Aktive und 115 „Alte Herren“.

Im Januar 2013 war auf der Bundesversammlung der Saxo-Silesia noch über einen „Antrag auf Austritt aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaft“ abgestimmt worden. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit unter den „Alten Herren“ kam aber nicht zustande.

Der neue Kurs seit 2015 führte dazu, dass laut „Autonomer Antifa Freiburg“ am 29. Juni 2015 auf dem Haus der Burschenschaft Saxo-Silesia eine Veranstaltung der „Patriotischen Plattform“ der AfD mit Hans-Thomas Tillschneider und Manuel Ochsenreiter stattfand[1].

Das  Burschenschafter der Saxo-Silesia Freiburg vom 28. bis zum 30. August 2015 ein Seminar des extrem rechten thinktank „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda in Sachsen-Anhalt besuchten, passt da gut ins Bild. Konkret waren es Marcel Wolle und Dubravko Mandic die vor Ort waren.

Öffentlich bekannt geworden ist in der letzten Zeit bei der Saxo-Silesia nur der Vortrag „Das dritte Lager“ des FPÖ-Politikers Christian Hafenecker (Burschenschaft Nibelungia Wien,  2010 bis 2013 Abgeordneter zum Landtag von Niederösterreich und 2013 Mitglied des Bundesrates, seit 2013 Nationalrat) am 24. Oktober 2014.

Bekannt wurde laut „Badischer Zeitung“ auch dass am Februar 2014 und im Oktober 2015 Nazi-Lieder und „Heil Hitler“-Rufe auf dem Haus der Saxo-Silesia erschollen sein sollen[2]. Ein „Alter Herr“ wird dazu in einem Communiqué der Autonomen Antifa Freiburg“ wie folgt zitiert[3]: „Bedenklich fand ich, dass Musik der rassistischen und nationalsozialistischen Rockband ‚Landser‘ gespielt wurde. Im Wohnzimmer lag ein mir unbekannter junger Gast. Er sprang auf und begrüßte mich sofort mit dem deutschen Gruß! Ihm schien dies auf einem Burschenschafterhaus selbstverständlich zu sein, so dass ihn eher mein Nichterwidern irritierte.“

Deswegen musste sich intern der Saxo-Silese und AfD-Hardliner Dubravko Mandic (* 1980) aus Freiburg verantworten.

Als weitere Mitglieder von AfD und „Junger Alternative“ (JA), die in der Saxo-Silesia korporiert sind, wären Marcel Wolle (Pressesprecher der JA Freiburg/Breisgau-Hochschwarzwald, Beisitzer der JA Baden-Württemberg), Reimond Hoffmann (Erfinder der Antifeminismuskampagne der Jungen Alternative, stellvertretender Landesvorsitzender, Beisitzer im JA-

Landesverband, ehem. Referent der Thüringer AfD-Landtagsfraktion), Moritz Busam  (Schatzmeister im Vorstand der JA Südbaden) und Marco Näger (Schatzmeister des JA-Kreisverband Freiburg/Breisgau-Hochschwarzwald, Beisitzer im AfD-KV Breisgau-Hochschwarzwald) zu nennen.[4] Laut dem Blog „Keine Alternative“ gibt es weitere personelle Überschneidungen zur neurechten „Identitären Bewegung“[5].

Außerdem besuchten mindestens zwei Saxo-Silesen 2015 ein Seminar des neurechten thinktanks „Institut für Staatspolitik“ (IfS).[6]

Die personellen Überschneidungen zwischen der Burschenschaft Saxo-Silesia, AfD/JA und so genannter „Neuen Rechten“ basieren auf einem gemeinsamen inhaltlichen Fundament, dem völkischen Nationalismus. Dieser wird ergänzt durch Autoritarismus, Elite-Denken, Antifeminismus und Homophobie.

Diese Überschneidungen sind auch im gesamten Dachverband zu finden, wie ein Blick in die letzten Ausgaben des DB-Verbandsblatts „Burschenschaftliche Blätter“ beweist, in dem auch IB-und IfS-Kader publizieren können.

Die Wahl der Saxo-Silesia zur neuen vorsitzenden Burschenschaft der „Deutschen Burschenschaft“ ist insofern nur folgerichtig und konsequent.


[1]             Autonome Antifa Freiburg: Rechtsradikale Parteien und Strukturen in Baden-Württemberg vor der Landtagswahl 2016, Communiqué vom 07.03.2016, https://autonome-antifa.org/?article319

[2]             Sebastian Kaiser, Thomas Steiner: Vorwürfe gegen AfD-Politiker Mandic wegen Rechtsradikalismus, 5. April 2016, https://www.badische-zeitung.de/freiburg/vorwuerfe-gegen-afd-politiker-mandic-wegen-rechtsradikalismus–120439954.html

[3]             Autonome Antifa Freiburg: Rechtsradikale Parteien und Strukturen in Baden-Württemberg vor der Landtagswahl 2016, Communiqué vom 07.03.2016, https://autonome-antifa.org/?article319

[4]             Autonome Antifa Freiburg: «Pegida» und die AfD in Baden-Württemberg, Communiqué vom 13.10.2016, https://autonome-antifa.org/?article328

[5]             Verbindungen zur extremen Rechten, 2016, https://keinealternative.noblogs.org/archiv/verbindungen-zur-extremen-rechten/

[6]             Regionalverband der „Jungen Alternative“ in Freiburg wandelt auf neurechten Pfaden, 14. September 2015, http://keinealternative.blogsport.de/2015/09/14/regionalverband-der-jungen-alternative-in-freiburg-wandelt-auf-neurechten-pfaden/